Was verändert sich
Im Energiesektor reichen sich aktuell viele Zukunftsthemen die Hand.
Dazu gehören die Entwicklung des Smart Grid, dem intelligenten Stromnetz, und Trendphänomene wie etwa Prosuming und Smart Home. Das Ziel ist, alle Akteure des Marktes (Erzeugung, Speicherung, Netzmanagement und Verbrauch) in einem Gesamtsystem miteinander zu verknüpfen. Diese Infrastruktur ist notwendig, da Stromnetze dezentraler, dadurch aber immer komplexer werden. Denn neben der Erzeugung von Großkraftwerken werden zunehmend auch kleinere Kraftwerke meist mit erneuerbaren Energiequellen in das Netz integriert. Auch private Kleinstkraftwerke sollen im Zuge dieses Ausbaus eingebunden werden.
Die Menschen werden Energie-Prosumenten.
Endverbraucher gehen dazu über, ihren überschüssigen Strom aus privaten Solarthermie-, Photovoltaik- oder Windkraftanlagen in das Netz einzuspeisen und zu verkaufen. Es entstehen ultralokale virtuelle Energiemärkte, beispielsweise in Nachbarschaften. Die dezentrale Stromerzeugung stabilisiert das Stromnetz. Die Transparenz der Verfügbarkeiten sowie die Flexibilität der Preise schaffen zudem Anreize für Energieeffizienz.
Die Blockchain leistet dabei die Koordination auf der virtuellen Ebene.
Erste Vorstoße zeigen wie ein Peer-to-Peer Energiehandel auf Blockchain-Infrastruktur organisiert werden könnte. TransActive Grid ist der Versuch, in Brooklyn ein Netzwerk lokaler Stromproduzenten zu errichten. Der Strom kommt von privaten Solaranlagen auf den Hausdächern. Die Logistik der Transaktionen übernehmen Smart Contracts auf der Ethereum-Blockchain.
Einen ähnlichen Ansatz verfolgt CO-TRICITY, ein Projekt vom Innogy Innovation Hub und ConsenSys, die einen lokalen Marktplatz für Solarstrom testen. Der Unterschied: Hier wird Customer-to-Business (C2B) gehandelt. Das heißt, private Energieproduzenten können ihren Energieüberschuss in das Netz einspeisen und an kleine Unternehmen in der Umgebung verkaufen. Martin Lundfall erklärt die Vorteile: “Die Produktionskurve eines privaten Haushalts mit Solarpanel ist tagsüber am höchsten, wenn die Sonne scheint, versteht sich. Genau dann ist aber oft niemand zuhause. Für einen Supermarkt oder für eine Schule ist das die Zeit, in der die höchste Energienachfrage entsteht – ein toller Match!“
Im Peer-to-Peer-Bereich sind entsprechende Anreizmodelle für nachhaltiges Verhalten denkbar, meint Lundfall: „Das Besondere ist, mit Blockchain können wir den Leuten Anreize geben, zu Spitzenzeiten nicht so viel Strom zu verbrauchen. Um den Stromverbrauch am Morgen zu reduzieren, könnte man sagen: „Hey, wenn du heute fünf Minuten kürzer duschst, geben wir dir 1 Ether.“ (Anm.: Währungseinheit auf der Ethereum-Blockchain)
Für den Nutzer könnte das in Zukunft in etwa so aussehen:
Vielen Dank an Martin Lundfall vom Co-Tricity-Projekt, der uns diese Grafik zu Verfügung gestellt hat.
Das Hauptbuch für die Energiewende.
In Deutschland trat im September 2016 das Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende in Kraft. Es soll ein deutsches Smart Grid mithilfe von verpflichtenden intelligenten Messsystemen, beginnend bei Großverbrauchern, auf den Weg bringen. Diese messen alle 15 Minuten den Verbrauch. Das immense Aufkommen heikler Transaktionsdaten in einem dezentralen (Strom-)-Netzwerk ist ein sehr guter Grund, um auf die Blockchain zu setzen.
Nachweisbare Grünstromkennzeichnung.
Für den Verbraucher sieht die aktuelle Bredouille mit dem Grünstrom wie folgt aus: Man zahlt den höheren Preis für Strom und fördert dadurch im besten Fall den Bau von grünen Neuanlagen. Man bekommt aber den Strom aus dem Versorgungsnetz, in das sämtliche erzeugte Elektrizität einfließt. Die Verbraucher unterstützen also aktuell die Zukunft des Ökostroms, unabhängig davon wieviel grünen Strom sie tatsächlich aktuell verbrauchen. Das ist intransparent und setzt falsche Anreize.
Darüber hinaus ist ein Markt für Grünstrom-Zertifikate entstanden, der es Netzbetreibern sogar erleichtert, den Strom-Mix eben nicht zugunsten grüner Energie zu verändern. Das könnte sich mithilfe der Blockchain ändern. Der interessanteste Vorstoß kommt auch hier aus Deutschland. Sogenannte GrünStromJetons ermöglichen es, den Verbrauch von Grünstrom zuverlässig zu messen. Sie belegen die tatsächliche Nutzung von Ökostrom anhand eines genauen lokalen Grünstrom-Indexes, der anzeigt, wieviel Strom aus erneuerbaren Energien aus der eigenen Steckdose kommt.
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